Sonntag, 5. Januar 2014

Zeit der Sommerkinder


Schande über mich, dass die restliche Zeit in den USA so bloglos vorüberging. Mein Vorsatz, von zuhause aus rückblickend über den Rest zu schreiben, verpuffte in einem Berg von Arbeit und irgendwann war der Moment vorbei, wo die Erinnerungen noch frisch genug sind, dass man sie in lebendige Worte fassen kann und sie nicht zu einer Aneinanderreihung von Handlungen verkommen. Ich gelobte Besserung für das nächste Mal und die Gelegenheit sollte erstaunlich früh eintreten.

Neuseeland, der wirkliche Beginn meiner unendlichen Reiselust, lockte auch meine Schwester ans andere Ende der Welt. Und weil Weihnachten schließlich ein Familienfest ist, das sich am besten in vollständiger Familienrunde feiern lässt, beschlossen meine Eltern, das Fest nach downunder zu verlegen – für sie ein willkommener Anlass, endlich auch den zweiten Teil der Südinsel zu sehen, der für sie beim letzten Besuch vor fünf Jahren zu kurz gekommen war, für mich die Gelegenheit wunderbare und wegweisende Erlebnisse eines ganzen Reisejahres in meinem Lieblingsland Revue passieren zu lassen.

So hüpfte ich fröhlich und vergnügt gleich nach der letzten Klausur ins Flugzeug und stieg 25 Stunden und drei Landungen später todmüde und zerschlagen in Auckland wieder aus, wo ich von meiner Familie abgeholt wurde. Nikola, braun gebrannt mit strohblonden Haaren, stand barfuß in der Empfangshalle. Ich, das Winterkind, etwas bleich daneben.

Sommer- und Winterkind beim Baden in Turangi.

Es ist ein bisschen seltsam wieder hier zu sein. Alles ist seltsam vertraut und es ist ein bisschen wie nach längerer Zeit nach Hause zu kommen, obwohl es nicht zuhause ist. Längst vergessen geglaubte Erinnerungen sind wieder da, Orte mit Namen, die mehr Buchstaben als der Ort Einwohner hat, plötzlich wieder im Gedächtnis. War ich eigentlich jemals weg? In Mount Maunganui gibt es noch immer das Hostel, wo wir wilde Partys feierten, sogar der Dönerladen nebenan ist noch da. Am Hafen gibt es immer noch die günstigste Ice Cream. Die Aussicht vom Berg ist immer noch atemberaubend. In Taupo ist immer noch nicht wirklich was los. Es laufen immer noch erschreckend viele Leute mit Vokuhilas herum und je kleiner der Ort, desto größer die Anzahl an tiefergelegten Autos, denen ab und zu in einer Kurve die angeklebte Stoßstange abfällt.

  Traumhafte Aussicht vom Mount Maunganui

So ganz das gleiche ist es trotzdem nicht mehr. Es ist nun Urlaub und keine einjährige sinnsuchende Auszeit mehr. Die ist es jetzt für andere, für lauter braungebrannte strubbelige barfüßige Backpacker, die in rostigen Vans bei lauter Musik umherfahren, die mit riesigen Rucksäcken und ausgestreckten Daumen am Straßenrand stehen, in der Hoffnung irgendjemand könnte sie irgendwohin mitnehmen, die heute nicht wissen, wo sie morgen sind und erst recht nicht, welcher Ernst das wohl ist, der in einem Jahr auf sie wartet.

Es ist warm und es ist Sommer.
Es ist Zeit für Sommerkinder.

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