Schande über mich, dass die restliche Zeit in den USA so
bloglos vorüberging. Mein Vorsatz, von zuhause aus rückblickend über den Rest
zu schreiben, verpuffte in einem Berg von Arbeit und irgendwann war der Moment
vorbei, wo die Erinnerungen noch frisch genug sind, dass man sie in lebendige
Worte fassen kann und sie nicht zu einer Aneinanderreihung von Handlungen
verkommen. Ich gelobte Besserung für das nächste Mal und die Gelegenheit sollte
erstaunlich früh eintreten.
Neuseeland, der wirkliche Beginn meiner unendlichen
Reiselust, lockte auch meine Schwester ans andere Ende der Welt. Und weil
Weihnachten schließlich ein Familienfest ist, das sich am besten in
vollständiger Familienrunde feiern lässt, beschlossen meine Eltern, das Fest
nach downunder zu verlegen – für sie ein
willkommener Anlass, endlich auch den zweiten Teil der Südinsel zu sehen, der
für sie beim letzten Besuch vor fünf Jahren zu kurz gekommen war, für mich die
Gelegenheit wunderbare und wegweisende Erlebnisse eines ganzen Reisejahres in
meinem Lieblingsland Revue passieren zu lassen.
So hüpfte ich fröhlich und vergnügt gleich nach der letzten
Klausur ins Flugzeug und stieg 25 Stunden und drei Landungen später todmüde und
zerschlagen in Auckland wieder aus, wo ich von meiner Familie abgeholt wurde.
Nikola, braun gebrannt mit strohblonden Haaren, stand barfuß in der
Empfangshalle. Ich, das Winterkind, etwas bleich daneben.
Es ist ein bisschen seltsam wieder hier zu sein. Alles ist
seltsam vertraut und es ist ein bisschen wie nach längerer Zeit nach Hause zu
kommen, obwohl es nicht zuhause ist. Längst vergessen geglaubte Erinnerungen
sind wieder da, Orte mit Namen, die mehr Buchstaben als der Ort Einwohner hat,
plötzlich wieder im Gedächtnis. War ich eigentlich jemals weg? In Mount
Maunganui gibt es noch immer das Hostel, wo wir wilde Partys feierten, sogar
der Dönerladen nebenan ist noch da. Am Hafen gibt es immer noch die günstigste
Ice Cream. Die Aussicht vom Berg ist immer noch atemberaubend. In Taupo ist
immer noch nicht wirklich was los. Es laufen immer noch erschreckend viele
Leute mit Vokuhilas herum und je kleiner der Ort, desto größer die Anzahl an
tiefergelegten Autos, denen ab und zu in einer Kurve die angeklebte Stoßstange
abfällt.
So ganz das gleiche ist es trotzdem nicht mehr. Es ist nun
Urlaub und keine einjährige sinnsuchende Auszeit mehr. Die ist es jetzt für
andere, für lauter braungebrannte strubbelige barfüßige Backpacker, die in
rostigen Vans bei lauter Musik umherfahren, die mit riesigen Rucksäcken und
ausgestreckten Daumen am Straßenrand stehen, in der Hoffnung irgendjemand
könnte sie irgendwohin mitnehmen, die heute nicht wissen, wo sie morgen sind
und erst recht nicht, welcher Ernst das wohl ist, der in einem Jahr auf sie
wartet.
Es ist warm und es ist Sommer.Es ist Zeit für Sommerkinder.
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