Dienstag, 13. August 2013

Neu-englische Episoden

Portland/Maine
Sage und schreibe sieben Jahre nach einem Schüleraustausch und darauffolgenden Besuch bin ich erstmals wieder in Maine, es ist der erste Sommer nach zwei sehr goldenen Herbsten mit in allen Rottönen schimmernden Bäumen. Anders ist es und doch so vertraut. Warm und sonnig, die Stadt brummt, alle Welt ist auf den Beinen, im Wasser, auf Fahrrädern unterwegs oder im Auto sitzend auf dem Weg in die Ferien, große Kanus aufs Dach gebunden. Das letzte Mal noch zu jung um Bier zu trinken, genießen wir dieses Mal ein Glas Wein in Tricias und Angus' eigenem Haus und fühlen uns sehr erwachsen.
Radeln durch das Zentrum und zum Strand, Bummeln durch viele kleine süße Geschäfte, die mir noch nie in dieser Masse aufgefallen sind. Ein Kaffee in unserem alten Stammcafé, eine neue Lieblingseisdiele mit unglaublich vielen Sorten, die man allesamt probieren darf, bevor man sich jemals entscheidet und einer Portion, die eine echte Herausforderung für die Größe meines Magens darstellte. Abends Käsespätzle in Erinnerung an frühere Kochversuche mit einem Nudelsieb, diesmal mit einer richtigen Spätzlereibe.
Wiedersehen mit Tricias Eltern, die uns zu leckerem italienischen Essen ausführen, das Gefühl, als wäre man nie weggewesen.



White Mountains/New Hampshire
Wandern zum Glen Boulder, ein nicht furchtbar langer aber knackiger Weg. Wir kraxeln über riesengroße Steine, springen über Baumwurzeln, klettern bis zur Baumgrenze, nur um darüber noch weitere Bäume zu finden. Gigantische Aussichten über sanfte Berge und Bäume bis zum Horizont, eine Straße schlängelt sich unten durchs Tal, Blaubeeren wachsen in den Büschen. Wir sitzen picknickend unter dem Boulder und beobachten eine finstere Regenwolke, die aufzieht um genauso schnell zu verschwinden wie sie gekommen ist und der Sonne das Feld zu überlassen. In strahlendem Sonnenschein klettern wir später über eine Eisenbahnbrücke zu einer Schwimmstelle im Fluss, herrlich erfrischend mit eingebauter natürlicher Wildwasserrutsche über einige ausgewaschene Granitfelsen. Trocknen auf den warmen Steinen, wer braucht schon ein Handtuch?





Cape Cod/Massachusetts
Einer Familienzusammenführung verdanken Tricia und ich eine Einladung nach Cape Cod, einer schmalen Halbinsel südlich von Boston, bedeckt von Dünenhügeln, flachen Lagunen, Strandgras und Feriensiedlungen. Hat man sich erst einmal durch den Ferienverkehr gekämpft, möchte man nie wieder weg. Zu zweit übernachten wir in einem winzigen süßen Cottage, vollgestopft mit allem, was man braucht und jeder Menge lustigen Dekogegenständen. Abends sitzen wir auf einem größenmäßig angeglichenen klitzekleinen Holzdeck und trinken kühlen Weißwein, während die Sonne langsam in den Schleierwolken verschwindet, die sich am Horizont gebildet haben. 





 Vielleicht hätten wir Verdacht schöpfen sollen beim Anblick der Schleierwolken – eine breite Palette verschiedener Grautöne prägt den nächsten Tag. Bei einer weiten Radtour entdecken wir Seehunde am Strand, mit riesengroßen Köpfen und neugierigen Augen tauchen sie – plop – neben uns auf, während wir durch knietiefes Wasser die Sandbank entlangwaten. Als die Flut kommt, rauschen hundert große graue Seehunde gleichzeitig ins Wasser und wir beinahe auch, weil die Lücke zwischen Sandbank und Strand doch inzwischen tiefer ist als erwartet. Von Wasser von unten, von oben und später von allen Seiten lassen wir uns nicht entmutigen, erklimmen im Sturm den Denkmalturm der ersten Siedler, retten uns in ein Café, schlendern durch den Ort und lachen später in großer Familienrunde über Tagesangebote mit halben Portionen zum reduzierten Preis. 


Boston/Massachusetts
In Boston ist der Teufel los, Autos und Menschen überall und vor dem Aquarium stehen die Leute Schlange wie sonst vorm nur vorm Pariser Louvre oder Londons Madame Tussauds. Bewaffnet mit Iced Coffee schlendern Tricia und ich durch kleine Geschäfte und Parks, die Atmosphäre des warmen Sommertags genießend. Nach abendlicher Pizza und platten Füßen wagen wir uns zu Mike's Pastry, ein Laden, der ostküstenweit für seine Cupcakes, Cookies und weitere süßen Schweinereien bekannt ist – und noch nie so voll war. Draußen stehen die Menschen den Bürgersteig entlang, während drinnen in einem Wahnsinnstempo Kekse und cremegefüllte Waffeln in große Pappschachteln verpackt werden. Glücklich geht es mit ebendiesen Kisten unterm Arm weiter, einmal in die U-Bahn zum Prudential Center von dessen Bar im obersten Stock uns die Stadtlichter glitzernd zu Füße liegen. Prost, klonk, machen die Mojitogläser aneinander, auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen.








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