… and thanks for all the fish! Aber
zuerst einmal: VIETNAM! Ein kommunistisches Land voller
geschäftstüchtiger Kapitalisten. Ein Land, in dem man für Geld
haben kann, was man will, aber in dem man nicht auf Facebook oder
seinen eigenen Blog zugreifen kann, dank Zensur. Ein Land, das weiter
nördlich liegt und in dem es trotzdem wärmer ist. Ein Land, in dem
der Verkehr gesitteter, aber trotzdem gefährlicher ist als in
Indonesien, weil die Vietnamesen zu sturköpfig zum Ausweichen sind.
Ein Land, in dem es – falls das überhaupt möglich ist – NOCH
mehr Mopeds und Motorräder auf den Straßen gibt. Ein Land mit einer
so abgedrehten Sprache, dass man nie weiß, ob die Menschen einen
gerade beschimpfen oder was nettes sagen; dass sie weniger lachen
macht es auch nicht einfacher.
Vietnam haute uns erstmal ziemlich aus
den Socken, weil es so anders war als erwartet. Ich hätte
beispielsweise geschätzt, dass es sich in etwa auf dem gleichen
Entwicklungslevel wie Indonesien befindet, aber da lag ich komplett
daneben. Dank des ausgeprägten Tourismus hat der Atem der großen
weiten Welt hier längst Fuß gefasst, in Hanoi wimmelt es vor
kleinen Restaurants, Boutiquen und Souvenirläden. Über allem hängt
der Geruch aus einem Mischmasch aus Mopedabgasen, Essensgerüchen und
Kaffeeduft – hier gibt es eine richtige Cafészene und man kann aus
einer Vielzahl von Kaffeesorten auswählen, welche man in der
nächsten Tasse verkosten möchte. Langsam verkosten, wohlgemerkt,
denn der Kaffee ist so stark, dass man sonst Gefahr läuft seine
Geschmacks- und Koffeinnerven zu überreizen.
Die Vietnamesen sind ein äußerst
geschäftstüchtiges Völkchen und haben es sehr schnell heraus, dass
weiße Touristen schon allein aufgrund von Verständigungsproblemen
mehr oder eher weniger freiwillig bereit sind, den doppelten Preis zu
zahlen. In den Straßen ist es manchmal schwierig sich in Ruhe
irgendetwas anzugucken, weil man sofort von Straßenhändlern
abgepasst wird. Nein, ich möchte keinen hölzernen Fächer kaufen,
danke ich habe noch eine Flasche Wasser im Rucksack, nein ich möchte
wirklich keine Bananen, nein, auch die Orangen nicht, nein, gar kein
Obst, wirklich nicht. Ich möchte kein Plastikarmband, nein, auch
keinen Regenschirm, auch kein pappiges Zuckergebäck zu unverschämten
Preisen, nein danke, der Reishut ist sehr schön, aber ich möchte
ihn nicht kaufen, NEIN! Schräg wurde es, als eine Dame mit Reishut
und mit zwei an einer Tragestange befestigten Körben ihre Utensilien
spontan über Nico hängen wollte – wahrscheinlich um für das
hoffentlich folgende Foto Geld fordern zu können. Völlig
überrumpelt entzog sich Nico in einer geduckten Fluchtbewegung und
war fortan sehr vorsichtig in der Nähe von behüteten und mit Körben
beladenen Frauen. Aus einem uns bisher noch unbekannten Grund gibt es
auch immer wieder Leute, die unbedingt Nicos Sandalen kleben wollen
und sich auf seine Füße stürzen. Das resultiert auf Nicos Seite
meist in einem erschreckten Sprung seitwärts und der leicht
fassunglosen Frage: „Was haben die bloß immer mit meinen Schuhen,
die sehen doch noch gut aus und sind gar nicht kaputt?“
Drei Tage verbrachten wir in Hanoi, der
quirligen Großstadt mit engen Gassen, Straßenrestaurants, Häusern
im romantisch-französischen Stil über mehrere Etagen und mit Bäumen
gesäumten Straßen. Wir promenierten um den See Hoan Kiem und
besichtigten den Ngoc Son Tempel und die Ein-Stelzen-Pagode, winkten
dem in der Mitte des Sees thronenden Wahrzeichen Hanois zu, dem
Schildkrötenturm Thap Rua (siehe Bild unten) und lauschten frühstückenderweise der
über Lautsprecher nach draußen übertragenen Messe an der
Sankt-Joseph-Kathedrale. Im ältesten Tempel der Stadt, dem Bach Ma
Tempel, zogen wir uns fast eine Räucherstäbchenvergiftung zu und
staunten darüber, was hier alles auf den Altären der Gottheiten
gestapelt wird: Frische Blumen und Obst, Porzellanfiguren ohne Ende,
und interessanterweise auch Getränkedosen. Die roten Cocacola-Dosen
passen farblich meist hervorragend zur überwiegend roten
Altargestaltung, während grüne Heinekendosen einen hübschen
Kontrast bilden. Welche Gottheit kann da schon widerstehen?
Ebenfalls einen Besuch statteten wir Ho Chi Minh ab, „Onkel Ho“
wie ihn die Vietnamesen nennen. Der arme liegt seit Jahrzehnten in
einem gläsernen Sarg im Mausoleum, obwohl er sich zu Lebzeiten
ausdrücklich eine Feuerbestattung gewünscht hatte. Stattdessen
begafft ihn jetzt die ganze Welt und für zwei Monate im Jahr wird er
nach Russland geschickt, damit sie ihn dort wieder etwas auffrischen.
Noch viel beeindruckender als der blasse Ho Chi Minh in seiner
Glaskiste war aber das ganze Drumherum: Ein kolossaler Bau, Soldaten
in weißen Uniformen, für die es die größte Ehre ist, den ganzen
Tag strammstehenderweise auf ihren Landesvater aufpassen zu dürfen,
die brav in Zweierreihen am Sarg entlangprozessierende
Menschenschlange. Man darf im Mausoleum keine Taschen mitnehmen,
keine Tops oder kurzen Hosen tragen, nicht stehen bleiben, nicht
reden, nicht fotografieren, nicht die Hände in die Hosentaschen
stecken, nicht überholen, nicht trödeln und auch nicht die Hände
hinterm Rücken verschränken (dann gibt es von den Herren in weiß
einen Klaps auf den Unterarm). Man darf also eigentlich kaum etwas
außer im richtigen Tempo gehen und gucken, aber dafür ist man ja
auch hier.
Von Hanoi aus unternahmen wir einen dreitägigen Ausflug in die
Halong Bay – etwas, was anscheinend zu jedem Vietnamtrip
dazugehört, wenn man die schiere Menge der Touristen dort
betrachtet. Ein Reisebus nach dem nächsten spuckt mehr und mehr
Touristen aus, die im Hafen auf viele ziemlich identisch aussehende
und leicht angeranzte Dschunken klettern, für die sie erstaunlich
unterschiedliche Preise gezahlt haben. Aber egal wie sehr einen das
touristische Tohuwabohu nervt – sobald das Boot ablegt und man über
blaues Wasser zwischen den steil aufragenden Bergkuppen durchgleitet,
die wie tausend Zuckerhüte aus dem Meer aufragen, ist alles
vergessen. Dieser Ort ist ganz zu Recht Unesco Weltnaturerbe. Zur
Tour gehörte auch die Besichtigung einer riesigen und sehr
eindruckvollen Höhle, die noch relativ naturbelassen und geschickt
hinterleuchtet war, sowie Kayak fahren in der Bucht, schwimmen vom
Schiff aus und Übernachtung und Essen (mit ziemlich viel Fisch und
Meeresfrüchten!) an Bord. Da die meisten nur ein oder zwei Tage
bleiben, konnten wir am zweiten Tag in etwas untouristischere Gefilde
der Halong Bucht vordringen, was das ganze noch schöner machte. Eine
nette Reisetruppe tat ihr übriges und da einen die Vietnamesen
ständig gleich verheiraten wollen, durften wir die zweite Nacht in
der reichlich schicken Honeymoon-Suite verbringen.
Und um das Kontrastprogramm zu vervollständigen ging es heute per
Nachtzug in die Berge, in die Tonkinesischen Alpen zu einem Ort
namens Sapa inmitten lauter Reisterrassen – auch ziemlich
touristisch, aber hej, in Indonesien waren wir so ab vom Schuss, dass
wir hier mal ein bisschen mainstream sein dürfen...
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