„Where
you from? Where you from? Buy from me!“, schallte es aus 25 Mündern
und 25 Paar Hände voller geknüpfter Freundschaftsbändchen,
billiger Blechohrringe und Armreifen, bunten Haarbändern und
bestickten Taschen reckten sich uns entgegen. Die vier spanischen
Frauen, die zu unserer Wandertruppe gehörten, zeigten etwas ratlos
auf ihre Arme, an denen jeweils schon vier Bändchen und ein Armreif
baumelte – aber diese Ausrede zog nicht. Wer sich zu vier
Freundschaftsbändchen hat gequatschen lassen, der kauft bestimmt
noch ein fünftes und so erschallte der Chor von neuem: „Buy from
me, buy from me!“
So
hatten wir uns das eigentlich nicht vorgestellt. Wer nach Sapa kommt,
der macht in 90% aller Fälle eine Tour mit, die durch die Dörfer
der örtlichen Minderheiten führt, z.B. die der H'mong und der Roten
Dzao und einen „Homestay“ beinhaltet, also die Übernachtung bei
einer einheimischen Familie. Weil das interessant klang und soviele
begeisterte Menschen ja nicht irren können, machten wir also das
gleiche und wurden morgens von einer fröhlichen Gruppe Mädels in
schwarzen Trachten eingesammelt, die allesamt halb so groß waren wie
ich. Aufgrund latent bruchstückhafter Englischkenntnisse auf der
einen und fehlender Vietnamesisch- und H'mongkenntnisse auf der
anderen Seite verlief der Kontakt zu unserer Reiseführergruppe meist
nach dem immergleichen Schema:
„Where
you from?“ (Where
you from
scheint in Sapa eine ähnliche Begrüßungsformel zu sein wie How
are you
in den USA.)
„I'm
from Germany!“
„Ooooh...
what you name?“
„I'm
Julie and this is Nico. And what's yours?“
„#*#*#*
(unaussprechliches
Geräusch)“
Irritierte
Pause unsererseits. Dann: „Mmh, that is very complicated.“ (Wort
eh schon wieder vergessen.)
„How
old you?“
Ich:
„I'm 23.“
Nico:
„I'm 26.“
Beide:
„And you?“
„(Setze
beliebige Zahl zwischen 11 und 56 ein)“
Von
Sapa führte die Tour bergab, aus dem malerisch am Berghang gelegenen
Städtchen mit dem Charme eines Bergkurorts heraus und entlang einer
geteerten Straße an Marmorfelsen vorbei. Irgendwann führt der Weg
dann Gott sei Dank nicht mehr an der Hauptstraße entlang, sondern
entlang von lehmigen Pfaden und Wegen, die sich durch die
Reisterrassen schlängeln. Während im Rest des Landes überwiegend
zweimal im Jahr Reis geerntet werden kann und im fruchtbaren Süden
sogar eine dreifache Ernte möglich ist, gibt die bergige Region und
das angenehm kühle Klima hier in der nördlichen Bergregion nur eine
einzige Reisernte her und die Felder standen noch in voller Frucht.
Je nach Reissorte erschien das Meer von Reishalmen von oben gesehen
eher gelbgrünlich oder leuchtend satt grün und rund um uns herum
gluckste das Wasser, das von den Bergbächen abgezweigt und mit
kleinen Lehmwällen über die Felder geleitet wird.
In regelmäßigen Abständen standen am Weg Stände mit Erfrischungsgetränken, Snacks und Souvenirs und wo immer die Wandergruppe zum Lunchen hingeführt wurde, wurde sie sofort von einer Horde Trachtenmädchen empfangen, die die immer gleichen Sachen verkaufen wollten und von denen die Hälfte eher die Schulbank drücken sollte als Touristen Sachen anzudrehen, die sie eh nicht haben wollten. Am Nachmittag erreichten wir unseren Homestay – da die Anzahl der Dorffamilien allerdings gering ist im Vergleich zur anströmenden Tourimenge, wurde kurzerhand ein zusätzliches Haus gebaut, das jede Menge dünner Matratzen und Toilette und Dusche mit warmem und kaltem Wasser beherbergte und auch sonst nichts an westlichem Komfort missen ließ. Außerordentlich typisch und echt also. Nach einem herrlich erfrischendem Bad im Sonnenschein diskutierten Nico und ich bei einem Bierchen, warum uns das Reisen in Vietnam trotz aller Landesschönheit bisher noch nicht so vom Hocker gerissen hat.
In regelmäßigen Abständen standen am Weg Stände mit Erfrischungsgetränken, Snacks und Souvenirs und wo immer die Wandergruppe zum Lunchen hingeführt wurde, wurde sie sofort von einer Horde Trachtenmädchen empfangen, die die immer gleichen Sachen verkaufen wollten und von denen die Hälfte eher die Schulbank drücken sollte als Touristen Sachen anzudrehen, die sie eh nicht haben wollten. Am Nachmittag erreichten wir unseren Homestay – da die Anzahl der Dorffamilien allerdings gering ist im Vergleich zur anströmenden Tourimenge, wurde kurzerhand ein zusätzliches Haus gebaut, das jede Menge dünner Matratzen und Toilette und Dusche mit warmem und kaltem Wasser beherbergte und auch sonst nichts an westlichem Komfort missen ließ. Außerordentlich typisch und echt also. Nach einem herrlich erfrischendem Bad im Sonnenschein diskutierten Nico und ich bei einem Bierchen, warum uns das Reisen in Vietnam trotz aller Landesschönheit bisher noch nicht so vom Hocker gerissen hat.
Vietnam
ist unglaublich touristisch und die Massen an Touristen verteilen
sich leider nicht, sondern werden in immer gleichen Bahnen von
Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit gelotst. Drumherum ist ein
ausgefeiltes System an Reiseagenturen und -büros installiert, die
einen mehr die anderen weniger dubios, die diese Lotserei übernehmen.
Auf eigene Faust ist es schwierig von dieser Massenwanderung
wegzukommen, einerseits weil man Highlights wie die Halong-Bucht
natürlich auch gern sehen möchte, andererseits weil die
einheimischen Strukturen abseits der Touriwege schwierig zu benutzen
sind. Natürlich gibt es normale Busse, diese fahren aber zu Zeiten,
die man von nicht-englischsprachigen Menschen erfragen muss, genauso
wie ihre Routen, die sich gerne ändern. Hinweisschilder und
Richtungsweiser sind ähnlich rar wie angeschnallte Autofahrer. Es
gibt Autos, aber Nicht-Vietnamesen dürfen hier nicht Auto fahren und
Taxifahrer versuchen gerne, einen über den Tisch zu ziehen. Man kann
Motorräder mieten, muss aber höllisch auf den Verkehr aufpassen,
denn Verkehrsregeln gibt es hier schlichtweg nicht. Es hat einfach
derjenige Vorfahrt, der am lautesten hupt und am wenigsten so
aussieht, als würde er noch anhalten können. Im Vergleich zu
Indonesien fahren die Menschen hier seltsam langsam, oft nur 50 km/h
auf breiten und gut ausgebauten Straßen, überholen aber wie die
Bekloppten und hupen, statt sich umzusehen. In Indonesien war die
Hupe zwar auch primär ein Mittel, um auf sich aufmerksam zu machen,
aber kein Ersatz fürs Gucken und so kommt es uns so vor, als ob es
hier deutlich häufiger Beinah-Unfälle gibt.
Vielleicht,
vielleicht haben wir auch einfach noch keine weniger touristischen
Gefilde erreicht und es wird alles noch viel angenehmer. Was ja auch
gar nicht heißen soll, dass das Reisen hier unangenehm ist. Es ist
bloß so anders als das, was wir erwartet hatten, und auch so
unterschiedlich vom komplett untouristischen Borneotrip. Ein
Kulturschock kann einen anscheinend auch umhauen, wenn er plötzlich
seine Richtung ändert!
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