Freitag, 27.7.2012
Ein
wildes Mischmasch aus Englisch, Deutsch und Bahasa Indonesia, der
hiesigen Landessprache hilft uns in Kombination mit Händen und Füßen
hier halbwegs über die Runden zu kommen. Lächeln und nicken kommt
im Zweifelsfall immer gut an. Bahasa Indonesia ist die hiesige
Landessprache und eigentlich gar nicht so schwer. Sie verfügt über
ein lateinisches Alphabet und wird eigentlich genauso gesprochen wie
geschrieben – ziemlich deutschähnlich, wenn man von den üblichen
Ausspracheausreißern c, g und j absieht. Für Grammatikmuffel ist
sie der absolute Traum, weil es keine Zeitformen gibt (es wird
einfach die Zeitangabe vor den Satz gesetzt), weder konjugiert noch
dekliniert wird und man zur Pluralbildung einfach das Wort zweimal
sagt. Ein Mensch wäre somit orang
und mehrere Menschen orang orang.
Ein indonesisches Wort, das jeder kennt, ist orang utan,
übersetzt Waldmensch. Saya tidak bahasa indonesia
ist noch viel überlebenswichtiger, auch wenn ahnungsloses
Schulterzucken eigentlich das gleiche ausdrückt: Ich spreche kein
Bahasa Indonesia (wörtlich: Ich nicht Bahasa Indonesia).
Elementare
Indonesischkenntnisse sind auch zum Essen durchaus praktisch. Eins
ist grundsätzlich immer dabei: Nasi
(Reis). Den gibt es gekocht, gebraten (Nasi goreng),
lose oder fermentiert (zerschnittene Reisbällchen) oder gegoren
fermentiert. Zu allen Gerichten gehört entweder Fisch oder Fleisch,
wenn man hier Vegetarier ist, dann bleibt wohl nur purer Reis übrig,
deshalb habe ich mein Vegetarierdasein spontan mal temporär an den
Nagel gehängt. Selbst Reis in fünf verschiedenen Variationen würde
einem wahrscheinlich schon am zweiten Tag zum Hals heraushängen.
Nila goreng ist ein
gebratener Süßwasserfisch, ikan laut goreng
gebratener Meerwasserfisch. Ente heißt kepek,
Hühnchen ayam.
Schwein wird aus religiösen Gründen nicht serviert, schließlich
ist die Hauptreligion hier der Islam. Dafür landet allerhand anderes
auf dem Tisch, was man in Deutschland nicht unbedingt auftischt:
Leber, Niere, Hirn, Hühnchendarm, Rinderkniescheiben, Herz und
diverses undefinierbares mit Röhrchen. Um solche Sachen habe ich
bisher erfolgreich einen großen Bogen gemacht, während Nico
todesmutig schon einige davon probiert hat. Nicht immer hat man das
komplett unter Kontrolle,
besonders in Suppen wie bakso,
eine klare Suppe mit Rinderfleischbällchen, wird so einiges
verwurstet und auch an Sate-Spießen
findet sich vieles, was nichts mit schierem Fleisch zu tun hat. Fast
alles andere ist so lecker, dass man sich häufig gerne hineinsetzen
würde. Es ist auch längst nicht so scharf wie ich dachte: Fast
immergehört zu jedem Gericht eine scharfe Chilisoße, die aber meist
separat serviert wird, so dass man es selber in der Hand hat, wie
sehr man seinen Reis im Chili baden möchte. Apropos Hand, Außer
Suppen und nasi
goreng
wird hier alles mit den Fingern gegessen. Das ist zuerst gar nicht so
einfach, vor allem beim Reis, doch man hat es ziemlich schnell raus,
wie man den klebrigen Basmatireis zu kleinen Klümpchen
zusammendrückt und ohne allzu große Verluste in den Mund bugsiert.
Was auf dem Boden landet, wird sowieso begeistert von den vielen
Katzen vernascht, die hier überall herumlaufen und von denen fast
alle seltsamerweise einen kürzeren Schwanz haben als unsere
europäischen Katzen. Ketchup (kecap,
gesprochen
wie Ketchup) hat auf seinem Siegeszug durch die Welt auch vor
Indonesien nicht halt gemacht, viel lieber als Tomatenketchup wird
hier allerdings süßlicher Sojaketchup gegessen, der wie Sojasoße
schmeckt und aussieht, nur eben mit ketchupartiger Konsistenz. Allen
bösen Gerüchten und Albtraumerzählungen zum Trotz kann man auch an
Straßenständen hervorragend essen und dabei zugucken, wie das
ausgesuchte Stück Fleisch oder Fisch frisch und direkt vor der
eigenen Nase in das siedende Öl geworfen wird. Egal was, ob Garnele,
Ente oder Fisch – es landet alles im gleichen Fett, denn hier wird
alles frittiert, sogar das Spiegelei! Was so frisch in so heißem
Fett gebraten wird kann unmöglich noch irgendwelche bösen Baktis
enthalten und so sind wir beide von unerwünschten Auswürfen, sowohl
oben- als auch untenrum, verschont geblieben.
Kecap
ist eins der vielen Wörter, die anderen Sprachen entspringen und
einfach „eingeindonesischt“ wurden, wie zum Beispiel business,
das zu bisnis
wird. Sobald es an Fremdwörter geht, treten häufig erstaunliche
Ähnlichkeiten zu europäischen Sprachen auf, Desinfektionsmittel
heißt disinfektan
und Produkt produksi.
Das liegt wohl nicht nur an der zunehmenden Globalisierung, sondern
auch an dem Einfluss der alten Kolonialmacht Holland. Die
Niederländer haben den Indonesiern nicht nur Wörter wie knalpot
(Auspuff) hinterlassen, sondern auch niederländische Backwaren, wie
leckere mit Marmelade gefüllte Milchbrötchen-ähnliche Teigzöpfe,
die man herrlich gut zusammen mit einem kopi
susu
(ziemlich süßer Kaffee mit Dickmilch) zum Frühstück vernaschen
kann. Extra Frühstücksspeisen gibt es hier nämlich nicht, das
heißt es gibt sonst... richtig geraten, Reis mit irgendwas dazu.
Nach
diesem Crashkurs in indonesische Sprach- und Essgewohnheiten ist saya
tidak bahasa indonesia
vielleicht gar nicht mehr so korrekt. Viele andere südostasiatischen
Sprachen sind abgefahrene Tonsprachen, in denen jeder Vokal zig
verschiedene vom Sprecher abhängige Tonlagen hat, die dann jeweils
eine andere Bedeutung haben und in denen schon die Zeichen an
abstrakte Kunst erinnern. In diesem Sinne: Terima
kasih
(danke) für diese noch halbwegs aufschnappbare Sprache!
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