Sonntag, 29. Juli 2012

Saya tidak bahasa indonesia!

Freitag, 27.7.2012

Ein wildes Mischmasch aus Englisch, Deutsch und Bahasa Indonesia, der hiesigen Landessprache hilft uns in Kombination mit Händen und Füßen hier halbwegs über die Runden zu kommen. Lächeln und nicken kommt im Zweifelsfall immer gut an. Bahasa Indonesia ist die hiesige Landessprache und eigentlich gar nicht so schwer. Sie verfügt über ein lateinisches Alphabet und wird eigentlich genauso gesprochen wie geschrieben – ziemlich deutschähnlich, wenn man von den üblichen Ausspracheausreißern c, g und j absieht. Für Grammatikmuffel ist sie der absolute Traum, weil es keine Zeitformen gibt (es wird einfach die Zeitangabe vor den Satz gesetzt), weder konjugiert noch dekliniert wird und man zur Pluralbildung einfach das Wort zweimal sagt. Ein Mensch wäre somit orang und mehrere Menschen orang orang. Ein indonesisches Wort, das jeder kennt, ist orang utan, übersetzt Waldmensch. Saya tidak bahasa indonesia ist noch viel überlebenswichtiger, auch wenn ahnungsloses Schulterzucken eigentlich das gleiche ausdrückt: Ich spreche kein Bahasa Indonesia (wörtlich: Ich nicht Bahasa Indonesia).

Elementare Indonesischkenntnisse sind auch zum Essen durchaus praktisch. Eins ist grundsätzlich immer dabei: Nasi (Reis). Den gibt es gekocht, gebraten (Nasi goreng), lose oder fermentiert (zerschnittene Reisbällchen) oder gegoren fermentiert. Zu allen Gerichten gehört entweder Fisch oder Fleisch, wenn man hier Vegetarier ist, dann bleibt wohl nur purer Reis übrig, deshalb habe ich mein Vegetarierdasein spontan mal temporär an den Nagel gehängt. Selbst Reis in fünf verschiedenen Variationen würde einem wahrscheinlich schon am zweiten Tag zum Hals heraushängen. Nila goreng ist ein gebratener Süßwasserfisch, ikan laut goreng gebratener Meerwasserfisch. Ente heißt kepek, Hühnchen ayam. Schwein wird aus religiösen Gründen nicht serviert, schließlich ist die Hauptreligion hier der Islam. Dafür landet allerhand anderes auf dem Tisch, was man in Deutschland nicht unbedingt auftischt: Leber, Niere, Hirn, Hühnchendarm, Rinderkniescheiben, Herz und diverses undefinierbares mit Röhrchen. Um solche Sachen habe ich bisher erfolgreich einen großen Bogen gemacht, während Nico todesmutig schon einige davon probiert hat. Nicht immer hat man das komplett unter Kontrolle, besonders in Suppen wie bakso, eine klare Suppe mit Rinderfleischbällchen, wird so einiges verwurstet und auch an Sate-Spießen findet sich vieles, was nichts mit schierem Fleisch zu tun hat. Fast alles andere ist so lecker, dass man sich häufig gerne hineinsetzen würde. Es ist auch längst nicht so scharf wie ich dachte: Fast immergehört zu jedem Gericht eine scharfe Chilisoße, die aber meist separat serviert wird, so dass man es selber in der Hand hat, wie sehr man seinen Reis im Chili baden möchte. Apropos Hand, Außer Suppen und nasi goreng wird hier alles mit den Fingern gegessen. Das ist zuerst gar nicht so einfach, vor allem beim Reis, doch man hat es ziemlich schnell raus, wie man den klebrigen Basmatireis zu kleinen Klümpchen zusammendrückt und ohne allzu große Verluste in den Mund bugsiert. Was auf dem Boden landet, wird sowieso begeistert von den vielen Katzen vernascht, die hier überall herumlaufen und von denen fast alle seltsamerweise einen kürzeren Schwanz haben als unsere europäischen Katzen. Ketchup (kecap, gesprochen wie Ketchup) hat auf seinem Siegeszug durch die Welt auch vor Indonesien nicht halt gemacht, viel lieber als Tomatenketchup wird hier allerdings süßlicher Sojaketchup gegessen, der wie Sojasoße schmeckt und aussieht, nur eben mit ketchupartiger Konsistenz. Allen bösen Gerüchten und Albtraumerzählungen zum Trotz kann man auch an Straßenständen hervorragend essen und dabei zugucken, wie das ausgesuchte Stück Fleisch oder Fisch frisch und direkt vor der eigenen Nase in das siedende Öl geworfen wird. Egal was, ob Garnele, Ente oder Fisch – es landet alles im gleichen Fett, denn hier wird alles frittiert, sogar das Spiegelei! Was so frisch in so heißem Fett gebraten wird kann unmöglich noch irgendwelche bösen Baktis enthalten und so sind wir beide von unerwünschten Auswürfen, sowohl oben- als auch untenrum, verschont geblieben.

Kecap ist eins der vielen Wörter, die anderen Sprachen entspringen und einfach „eingeindonesischt“ wurden, wie zum Beispiel business, das zu bisnis wird. Sobald es an Fremdwörter geht, treten häufig erstaunliche Ähnlichkeiten zu europäischen Sprachen auf, Desinfektionsmittel heißt disinfektan und Produkt produksi. Das liegt wohl nicht nur an der zunehmenden Globalisierung, sondern auch an dem Einfluss der alten Kolonialmacht Holland. Die Niederländer haben den Indonesiern nicht nur Wörter wie knalpot (Auspuff) hinterlassen, sondern auch niederländische Backwaren, wie leckere mit Marmelade gefüllte Milchbrötchen-ähnliche Teigzöpfe, die man herrlich gut zusammen mit einem kopi susu (ziemlich süßer Kaffee mit Dickmilch) zum Frühstück vernaschen kann. Extra Frühstücksspeisen gibt es hier nämlich nicht, das heißt es gibt sonst... richtig geraten, Reis mit irgendwas dazu.

Nach diesem Crashkurs in indonesische Sprach- und Essgewohnheiten ist saya tidak bahasa indonesia vielleicht gar nicht mehr so korrekt. Viele andere südostasiatischen Sprachen sind abgefahrene Tonsprachen, in denen jeder Vokal zig verschiedene vom Sprecher abhängige Tonlagen hat, die dann jeweils eine andere Bedeutung haben und in denen schon die Zeichen an abstrakte Kunst erinnern. In diesem Sinne: Terima kasih (danke) für diese noch halbwegs aufschnappbare Sprache!

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